Zunft und Baderhandwerk in Freiburg


Die Bader nahmen in Freiburg eine privilegiertere Stellung ein, als andernorts üblich, denn sie besaßen seit dem offiziellen Gründungsakt der Zünfte in Freiburg (1293) das Zunftrecht. Zunächst waren sie mit den Schmieden und Barbieren zusammen in einer Zunft organisiert. Später waren sie zusammen mit den Scherern, Barbieren, den Malern, den Sattlern, Glasern und Seilern in der Malerzunft "Zum Mond" zusammengeschlossen.

Es ist bis heute nicht eindeutig geklärt, wann und aus welchem Grund diese erste Neuorganisation der Zünfte erfolgte. Fest steht jedoch, daß die Zünfte seit 1338 das "Kernkontingent" der Stadtverteidigung stellen mußten und es ist daher sicherlich nicht abwegig, hinter dieser Neuordnung auch das Ziel einer gewissen Straffung zu vermuten. Denn jede Zunft hatte seit dieser Zeit bestimmte Wach- und Verteidigungsaufgaben zu übernehmen: Sei es die Bewachung eines bestimmten Stadttores oder die Verteidigung eines bestimmten Mauerabschnittes der Stadtmauer, sei es die Stellung von "Fußvolk", das sich bei Alarm am Münsterplatz um den Schultheißen der Stadt und den Obristenzunftmeister zu versammeln hatte. Wahrscheinlich hängt damit auch die "Umsortierung" der Bader von der Schmiede- in die Malerzunft zusammen. Nach einer "Wachordnung" von ca. 1401 , hatte die Malerzunft die Stadtmauer vom "Schul-" oder "Kretzentor" bis zum Schwabentor zu verteidigen (heute etwa der Bereich des Schloßbergrings zwischen Schloßberggarage und Schwabentor). Die Schmiede- und Tucher-Zunft hatten sich an der Mauer vom Schneckentor bis zum Peterstor (heute etwa von der Kreuzung Kaiser-Joseph-Str/Rempartstr. in einem Bogen bis vor den Hauptbahnhof) zu versammeln. Aus diesen militärischen Überlegungen heraus, und nicht etwa aus wirtschaftlich-protektionistischen Gründen, herrschte ab 1338 in Freiburg auch "Zunftzwang": Jeder, der in der Stadt auf Dauer ein Handwerk ausüben wollte, mußte einer Zunft beitreten, weil die Zünfte die Stadtverteidigung zu garantieren hatten.

Nach einer zwischenzeitlichen Aufhebung der ursprünglich 18 Zünfte (1454) durch Herzog Albrecht IV. von Österreich im Zuge einer völligen Neuorganisation der städtischen Verwaltung und ihrer teilweisen Wiederzulassung (erstmals 1459, endgültig wieder ab 1464) in nunmehr 12 Zünften durch Herzog Sigismund von Österreich, bildeten die Bader mit den Scherern, Barbieren, den Malern, den Sattlern, Glasern und Seilern die Malerzunft "Zum Riesen", waren aber in dieser Zunft in der Minderheit. Neben der Malerzunft gab es in Freiburg noch die Rebleute-, Küfer-, Zimmerleute-, Bäcker-, Schneider-, Metzger-, Schmiede-, Schuhmacher-, Gerber-, Tucher- und die Krämerzunft. Auch diese waren Mischgemeinschaften der unterschiedlichsten Handwerke, von denen jedes bis zum 17. Jahrhundert fest einer Zunft zugeordnet war. Einzig die Bohrer und Balierer durften sich in Freiburg eine Zunft frei wählen. Diese Bevorzugung verdienten sie sich durch ihre wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt, die sie bis ins 16. Jahrhundert hinein behielten.

Zunft

1481

1618

1638

1653

Schmiede

86

88

46

39

Krämer

81

127

68

89

Metzger

91

82

52

49

Schneider

93

98

51

38

Bäcker

51

139

88

77

Küfer

87

176

68

81

Schuhmacher

80

70

41

40

Tucher

74

99

42

50

Gerber

34

45

28

28

Zimmerleute

105

200

88

79

Maler

64

82

46

31

Rebleute

218

314

108

97

Durchschnitt

89

127

61

58

Tabelle 1: Mitgliederzahlen der Zünfte

Die Mitgliederzahlen der Malerzunft entwickelten sich bis zum 16. Jahrhundert stetig nach oben. Das erste erhaltene Verzeichnis der Zunftmitglieder von 1385 erfaßt lediglich die untere Altstadt, die Lehenervorstadt und die Neuburg, während die obere Altstadt und die Schneckenvorstadt fehlen. Daraus resultiert das etwas schiefe Bild von dreizehn Badern und vier Meisterinnen, während nur ein Maler genannt wird. Ab 1390 sind die Listen dann vollständig in dem Sinne, daß sie die gesamte Fläche der Stadt erfassen. So besteht die Malerzunft 1390 aus 44 Mitgliedern, darunter 4 Frauen und für 1450 werden 45 Mitglieder genannt. Die Steigerung der Mitgliederzahlen zwischen 1450 und 1481 (67 Mitglieder) könnte im Zusammenhang mit der Neuorganisation des Zunftwesens zwischen 1454 und 1464 stehen. 1491 werden 73 Meister und 6 Meisterinnen genannt und 1500 sind es 84 Meister und 4 Meisterinnen. Für das ausgehende 16. Jahrhundert ist ein - allerdings nur vorübergehender - Rückgang feststellbar, der wahrscheinlich in Zusammenhang mit den Seuchenzügen des 16. Jahrhunderts steht: 1590 werden 62 Mitglieder, 1632, kurz vor dem Ausbruch der letzten großen Pest, jedoch schon wieder 91 Mitglieder gezählt. Daß Krieg, Pest und Belagerungen im 17. Jahrhundert ihre deutlichen Spuren hinterlassen haben, zeigen die Zahlen der Malerzunft für das Jahr 1677: Zu dieser Zeit bestand die Malerzunft aus 41 Mitgliedern und hatte damit erst wieder den Stand des 14. Jahrhunderts erreicht, obwohl in der Zwischenzeit auch das neue Gewerbe der Perückenmacher bei der Malerzunft angesiedelt worden war. Im Vergleich mit den Mitgliederzahlen der anderen elf Zünfte nahm die Malerzunft über den betrachteten Zeitraum damit einen der hinteren Plätze ein.

Wie das gesamte gesellschaftliche Leben im Mittelalter und der frühen Neuzeit waren auch die Zünfte klar hierarchisch organisiert. An der Spitze jeder Zunft stand der einmal im Jahr gewählte Zunftmeister, der vom Rat der Stadt anerkannt werden mußte. Ihm zur Seite stand ein von den Zünftigen gewähltes Gremium von acht Meistern der Zunft, die "Achtwer". Bei einigen Zünften, so auch der Malerzunft, gab es darüber hinaus noch das Gremium der "Dreier", dem immer der letzte Zunftmeister und zwei hinzugewählte Zünftige angehörten. Diese übten eine "Alltagsgewalt" innerhalb der Zunft aus. Sprecher und Repräsentant aller Zünfte Freiburgs und in Kriegszeiten Oberbefehlshaber der städtischen Miliz war der "Oberst-" oder "Obristzunftmeister", der aus der Mitte der Zunftmeister kam und nach dem Bürgermeister und Schultheiß der dritthöchste Amtsträger der Stadt war.

In der ersten und einzigen erhaltenen Zunftordnung der Bader von 1477 erfährt man zwar so gut wie nichts über die konkreten Tätigkeiten oder gar eine Ausbildung der Bader. Dafür erhellt gerade diese Ordnung Schwierigkeiten im Alltagsleben des ausgehenden Mittelalters, die sich mit einer zunehmenden Differenzierung der städtischen Gesellschaft einstellten. Aus diesem Grund soll sie hier etwas ausführlicher behandelt werden. Die Zunftordnung besteht aus 46 Abschnitten und zwei besonderen Schlußabsätzen. Sie war eine vom Rat erlassene Ordnung, wie sie zu dieser Zeit allen Freiburger Zünften gegeben wurde.

Sie beginnt mit einem religiösen Teil, in dem dargelegt wird, daß das Baderhandwerk sechs Kerzen "Gott und der junkfrow Maria zue eren" im Chor des Münsters aufzustellen und ständig zu erhalten hatte. Darüber hinaus stellte die Zunft an Weihnachten zwei weitere je dreipfündige Kerzen im Heiliggeistspital und im Kloster der Oberrieder Wilhelmiten in der Schneckenvorstadt auf. Zudem hatte sie sich um vier Leichenkerzen und ein Leichentuch zu kümmern und all dies in gutem Zustand zu halten.

Im nächsten Passus wird deutlich, daß sich die Bader im Vergleich mit anderen Zünften dieser Zeit sehr solidarisch organisierten: Sie unterhielten im Spital ein eigenes Krankenbett für erkrankte Männer und Frauen ihres Handwerks - ein Einbettzimmer -, was die Ansteckungsgefahr gegenüber den ansonsten vorhandenen Mehrpersonenbetten deutlich mindern half. Die Kranken wurden aus einer gemeinsamen Kasse versorgt und erhielten für eine gewisse Zeit sogar einen Verdienstausfallersatz, der als Darlehen gezahlt wurde. Konnte oder wollte ein Bader nach einer Krankheit sein Gewerbe nicht mehr ausüben, so wurde ihm die Schuld üblicherweise erlassen. Weiter bestimmte die Ordnung, daß Zunftmitglieder bei einer Krankheit eines Mitglieds dessen Badestube 14 Tage lang weiterführten, "als hett sy dieselb zit nebent in gearbeitet". Diese soziale Fürsorge wurde über ein sogenanntes "Wochengeld" (= Mitgliedsbeitrag) finanziert, das jeder Bader zu bezahlen hatte. Dieser Teil der Zunftordnung war im Grunde die nachträgliche Anerkennung einer "Bruderschaft", zu der sich die Bader innerhalb der Malerzunft schon dreißig Jahre zuvor zusammengeschlossen hatten. Das Wochengeld selbst wurde wie folgt bemessen: Jeder Meister zahlte einen Pfennig, desgleichen Söhne und Töchter, die an einer Badestube beteiligt waren. Ehepaare, die eine Badestube gemeinsam führten, zahlten zusammen einen Pfennig. Alle anderen Personen, die an einer Badestube beteiligt waren, zahlten einen halben Pfennig, ebenso die fest angestellten Knechte und Mägde. Verstarb ein Mitglied, so wurde im Heiliggeistspital ein Opfer für sein Seelenheil gelesen, mit Kerzen und Leichentuch, "wie das harkommend ist."

Diese Form der Organisation kleinerer Handwerke innerhalb einer größeren gemischten Zunft in sogenannten "Bruderschaften" hatte in der Malerzunft bereits 1447 zu Konflikten geführt: Zu dieser Zeit waren die Bader wegen der Gründung ihrer Bruderschaft von ihrer eigenen Zunft vor dem Rat der Stadt angeklagt worden. Die Malerzunft in ihrer Gesamtheit sah sich durch die Verselbständigung des Baderhandwerks um die Einkünfte aus der Zunftgerichtsbarkeit betrogen, da eine Bruderschaft eine eigene Ordnung besaß und damit auch eigene Strafen verhängen konnte. Die daraus resultierenden Einnahmen flossen nun nicht mehr in die Kasse der Malerzunft, sondern in die Kasse der Bruderschaft der Bader. Die Bader argumentierten gegenüber der Zunft, daß es ihnen durch die Bruderschaft besser gehe und sie über die Bruderschaft die "schwarzen Schafe" besser kontrollieren könnten. Zudem verwiesen sie auf eine frühere Erlaubnis durch den Rat der Stadt. Dieser erkannte in seinem Urteil die Position der Bader im Grundsatz zwar an, machte ihnen jedoch zur Auflage, daß den Versammlungen der Bruderschaft der Zunftmeister oder ein anderer Vertreter der Malerzunft beiwohnen sollte.

Für den Alltag besonders relevant war die Regelung des Verhältnisses von Meister und Knecht: Man sollte nur ehelich geborenes Gesinde beschäftigen. Wer diese Vorschrift übertrat, dem sollte das Handwerk verboten werden und kein Gesinde sollte sich von ihm anstellen lassen. Darüber hinaus sollte das beschäftigte Gesinde ehrlich sein und gegen den Willen des Meisters durfte bei Strafe von fünf Schillingen keiner seinen Dienst verlassen, sonst sollte er von keinem anderen Meister der Stadt angenommen werden. Gesinde durfte nur zu festen Zeiten abgeworben werden und sich zu diesen auch selbst verändern. Einmal vereinbarte Arbeitsverträge, die immer auf eine bestimmte Zeitspanne geschlossen wurden, mußten von beiden Seiten eingehalten werden. Zuwiderhandlungen wurden durch Geldstrafen von Meister und Gesinde an die Zunft bestraft.

Drakonisch wurden Eigentumsdelikte geahndet. Hatte ein Meister Kenntnis von einem Diebstahl seines Gesindes erhalten "hie oder anserstwa", dann sollte diese Person von keinem Meister beschäftigt werden und kein anderes Gesinde mit ihr zusammenarbeiten. Welcher Meister dem zuwider handelte, "der soll von sinem handwerk entsetzt sin".

Selbstverständlich erscheint der Passus, nach dem weder Meister noch Gesinde Kuppelei und Hurerei in ihrem Haus gestatten sollten, an zentraler Stelle. Besonders ausgeführt wird er jedoch nicht und auch das Strafmaß ist das gleiche wie bei anderen Vergehen: "fünff schilling, so oft das geschieht". Das Strafmaß von fünf Schillingen war im übrigen die Regel: Vier bis sechs Schillinge hatten zu dieser Zeit fast alle Bader als Wochenpachtzins zu entrichten. Da Strafen weh tun sollten - man glaubte an die abschreckende Wirkung - schienen fünf Schillinge wohl hoch genug zu sein.

Das Badegeld wurde wie folgt festgelegt: Kein Meister sollte von Männern oder Frauen für ein Bad weniger nehmen als einen Pfennig. Für das Anbringen von vier bis fünf Schröpfköpfen war ebenfalls ein Pfennig zu entrichten. Das Umbetten auf die Liegebank kostete einen halben Pfennig.

Dann folgen Kriterien für die Aufnahme Ortsfremder in die Zunft. Allgemein und in der Baderordnung nicht extra ausgeführt galten folgende Voraussetzungen: Man mußte vor allem ehelich geboren sein. Sodann mußte man leibeigenfrei und christlich getauft sein. Die Bader bestimmten des weiteren, daß man zuerst geloben mußte, die Zunftordnung einzuhalten. Wer sich weigerte, dem sollte kein Gesinde dienen. Anschließend mußte man zwei Pfund Pfennige bezahlen, um in die Malerzunft aufgenommen zu werden.

Dies war, wie bereits erwähnt, eine Erleichterung für die Bader gegenüber allen anderen Handwerken der Malerzunft, die eine Aufnahmegebühr von drei Pfund Pfennigen bezahlen mußten. Für die Bader war es jedoch möglich, sich gegen ein weiteres Pfund Pfennige in das Scherer-Handwerk einzukaufen, was viele auch taten, wenn ihre Geschäfte als Bader gut liefen.

Freiburger Baderknechte konnten die "halbe Zunfft" mit zehn Schillingen "leihen" und wenn sie später Meister werden wollten, hatten sie für die "ganze" Zunft nicht mehr als dreißig Schillinge zu bezahlen. "Müssig geend leut und ballierer" konnten sich die Zunft - wie auch die Bader - mit zwei Pfund Pfennigen erkaufen. Söhne von Zünftigen, die "erlich geporen" waren, und in des Vaters Handwerk eintreten wollten, zahlten den gleichen Betrag in Wachs, womit sicherlich die Kerzen im Münster, im Heiliggeistspital und im Oberrieder-Kloster unterhalten wurden. Außerdem war Wachs billiger und man versuchte so, es den Nachkommen der einheimischen Zünftigen leichter zu machen, in das Handwerk ihrer Eltern einzutreten.

Um den wehrpolitischen Anforderungen nachkommen zu können, mußte sich jeder Zünftige sofort nach dem Eintritt in die Zunft einen Harnisch anschaffen, der ihm jedoch auch von der Zunft für einen Monat geliehen werden konnte. Damit im Ernstfall nicht zuviel Zeit verloren wurde, mußte jede Zunft regelmäßig Übungen abhalten, an denen alle Zünftigen teilzunehmen hatten. Daß in der Zunftordnung die Bader nochmals besonders darauf hingewiesen wurden, nicht "barschenki" (sprich: im Bademantel) zu erscheinen, wirft nicht unbedingt ein schlechtes Licht auf etwa mangelnde Disziplin der Bader, sondern darauf, daß die Übungen von der Zunft offensichtlich auch an Tagen und zu Zeiten durchgeführt wurden, an denen die Badestuben geöffnet hatten.

Zünfte waren jedoch nicht nur Handwerksorganisationen, sondern hatten innerhalb des städtischen Gemeinwesens auch wichtige Sozialdisziplinierungsfunktionen. Bei den Badern war im Prinzip alles geregelt und mit Sanktionen belegt, was im Zusammensein und -leben mehrerer Menschen überhaupt nur geschehen konnte: falsches Schwören, zu hohe Preise, Unzucht und Ungehorsam, u.v.m.

Noch genauer war das Zusammensein der Zünftigen im Zunfthaus der Malerzunft (heute etwa Bertholdstraße 10) geregelt: Zum einen sollte jeder, der einen anderen "übelich oder freventlich ervordert und heischt" bestraft werden, ebenso, wer einem Zünftigen nach einem Streit im Zunfthaus oder "uf der gassen" auflauerte. Ebenso war es verboten, im Zorn einem anderen etwa ein schlechtes Jahr oder das "fallent übel" zu wünschen oder einen anderen Fluch über ihn auszusprechen. Das kostete zwei Schilling. "Zugkt aber einer schwert, messer, tegen oder ander schädlich gewer uber den anderen", wurde er mit einer Strafe von zehn Schillingen bestraft. Der Umgang mit Gästen der Zunft wurde folgendermaßen geregelt: Gäste durften von den Zünftigen nicht des Hauses verwiesen werden, sondern ausschließlich von den "Dreiern". Wenn ein Zünftiger Probleme mit einem Gast hatte, dann sollte er mit den "Dreiern" darüber sprechen. Ihre Entscheidung war für den Zünftigen bindend. Hielt er sich nicht daran, zahlte er einen Schilling Strafe.

Das Zunfthaus war natürlich auch der Ort, an dem gespielt wurde. Und gespielt wurde um Geld. Auch dafür stellte die Zunftordnung Regeln auf. Diese besagen, daß Spielschulden bezahlt oder anders abgegolten werden mußten - Spielschulden waren auch damals bereits Ehrenschulden! Wenn dies nicht geschah, hatten die "Dreier" das Recht, dem Schuldner die Bezahlung zu befehlen und wenn dies erfolglos blieb, eine Strafe von einem Schilling zu verhängen. Das Spielen war verboten, wenn es vom Zunftmeister oder den "Dreiern" angeordnet wurde, in jedem Fall aber am Tag der Wahl des Zunftmeisters. Wer sich nicht daran hielt, mußte sechs Pfennige Strafe bezahlen. Die "Dreier" waren diejenigen, die sich, um der Ordnung Willen, ständig in der Zunftstube aufhalten mußten: "Wann auch einer mit den andern wörtlet, kriegt oder hadret, und ein dryer sy ankert zue swigen (=schweigen), welcher dann zum erstenmal des ungehorsam ist und nit swiget, der bessert darnach sechs pfening, so manigmal er nit schwiget". Es darf nach den vorgenannten Bestimmungen nicht verwundern, daß es im Zunfthaus auch zu ganz anderen Auseinandersetzungen kommen konnte: Da Zünftige unterschiedlicher Handwerkszweige im Zunfthaus zusammenkamen, war jede Teilzunft natürlich darauf bedacht, die Einrichtung des Zunfthauses zu erhalten. Demnach mußte alles was zu Bruch ging, ("kannen, gleser, köpf, krusen oder ander geschirr, fenster oder die ding, so zu und in ir zunfthus und stube gehörend") vom Verursacher binnen acht Tagen durch Geld oder ein gleichwertiges Gut ersetzt werden. Geschah das nicht, dann konnten die "Dreier" einen Ersatz beschaffen und dem Verursacher die Kosten dafür in Rechnung stellen. Daß es darüber hinaus wohl auch zu Prügeleien gekommen sein muß, enthüllt die Bestimmung, daß derjenige welcher "ein sölch geschirr mit fravel brech", sowohl den Ersatz wie auch eine Strafe von zwei Schilling bezahlen mußte.

Die nachfolgenden Bestimmungen verraten indirekt noch etwas mehr über die Zustände im Zunfthaus und über diese Zeit. So gab es einen Wirt im Zunfthaus, der für eine bestimmte Zeit aus der Mitte der Zünftigen bestellt wurde. Dieser durfte den Zünftigen Wein, Brot und anderes anschreiben ("anzeichnen") und durfte während der Zeit, in der er die Funktion des Wirtes übernahm, "kein spil tun, by sechs pfening besserung". Neben heftigen Wortwechseln und Flüchen wurde natürlich auch das Werfen mit Gegenständen bestraft: Sechs Pfennige mußte der Werfer bezahlen. Die nächste Bestimmung erklärt sich aus dem Zusammenhang: "Item wann einer schenki ist, söllent die dryer einen oder zwen darzue geben, dieselbn sond gehorsam sin by sechs pfening buess". Betrunkene waren auf mittelalterlichen Straßen, zumal des Nachts, besonders gefährdet. Selbst die Verrichtung der Notdurft wurde geregelt: Die Zünftigen waren angehalten, diese "an die rechten geordneten stat im hus" zu verrichten...

Abgeschlossen wird die Ordnung mit ihrer Anerkennung durch den Bürgermeister und Rat der Stadt und einem Vorbehalt, nachdem der Rat sie jederzeit "zue enderen, ze mindren ganz oder zum teil abzetun, wie uns das zue jeder zit unser gnedigen herrschaft, der statt und den handwerkern nuz, notturft und guet bedunkt". Am Schluß folgen Siegelung und Ausstellungsdatum.

Insgesamt muten die Bestimmungen der Baderordnung aus heutiger Sicht sehr umfassend und autoritär an, und in der Tat konnte ich für Freiburg bislang keine andere Zunftordnung finden, die das Zusammenleben der Zünftigen derart umfassend mit Strafandrohungen regelte wie diese Baderordnung. Nicht einmal die anderen Handwerke, die mit den Badern in der gleichen Zunft zusammengeschlossen waren, hatten eine auch nur annähernd ähnlich umfassende Reglementierung ihres Zusammenlebens. Vielleicht traute man den Badern nicht mehr zu und die Ordnung dokumentiert indirekt eine unterschwellige Diskriminierung der Bader gegenüber den anderen Handwerken, die diese öffentlich nicht zeigen konnten. Auffallend ist, daß diese vom Rat erlassene Baderordnung nach 1477 nicht mehr verändert wurde, während sich einige andere Handwerke, wie z.B. die Scherer, im 16. Jahrhundert selbst eine andere Ordnung geben konnten.

Die Zugehörigkeit sich zu dieser Zeit sehr nahestehender Handwerke wie diejenigen der Bader, Barbiere und Scherer zu einer Zunft, brachte in Freiburg einigen Streit über die Beschneidung oder Ausweitung der jeweiligen Tätigkeitsbereiche mit sich, die dann letztlich der Rat der Stadt klären mußte. Forderungen aufzustellen, war für alle Beteiligten eine Sache, sie durchzusetzen und dauerhaft zur Regel zu machen eine ganz andere. Der Rat der Stadt Freiburg hatte sich immer wieder mit derartigen Problemen zu beschäftigen. So beklagte sich 1471, also bereits vor der vom Rat erlassenen Zunftordnung der Bader, die Malerzunft (!) beim Rat der Stadt darüber, daß die Bader zu viele nicht-zünftige Knechte beschäftigen würden, die sie als sogenannte "Wochenknechte" für einen Wochenlohn anstellten. Diese zahlten keinen Beitrag in die Zunftkasse ein, was einen großen Verlust für die Zunft bedeute. Sie forderte deshalb, daß die Bader in Zukunft nur noch Knechte beschäftigen sollten, die auch der Zunft angehörten. Die Bader verteidigten sich damit, daß das Badegeschäft saisonabhängig sei. Wenn es wieder bessere Zeiten gebe, würden sie auch wieder zünftige Knechte einstellen. Das sei so Sitte, und die Zunft solle erst einmal einen schriftlichen Beweis vorlegen, daß es anders sei. Der Rat entschied daraufhin, daß die Bader in Zukunft nur noch einen Knecht oder Knaben für den Wochenlohn halten sollten. Alle darüber hinaus beschäftigten Knechte oder Knaben müßten jedoch zünftig sein und ihren Zunftbeitrag leisten. Zwischen 1513 und 1539 klagten die Scherer beim Rat der Stadt darüber, daß die Bader in ihren Badestuben auch scheren würden und dies gegen alle Regeln verstoße, da die Bader das Schererhandwerk nicht erlernt hätten. Der Rat entschied daraufhin, daß Bader nur nachts in Notfällen Wunden verbinden sollten. Am darauffolgenden Tag sollten sie den Verletzten dann an einen Wundarzt verweisen. Umgekehrt sollten Scherer jemanden auch nur in Notfällen schröpfen dürfen. Ansonsten sollte alles bleiben, wie bisher. Die Streitigkeiten zwischen Scherern und Badern sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß beide Handwerke auch gemeinsam handelten, wenn es um die Verteidigung gemeinsamer Privilegien gegenüber anderen Handwerken ging. So beschwerten sich die Glaser - ebenfalls in der Malerzunft - 1513 darüber, daß sowohl die Geistlichen wie auch Bader, Scherer und andere selbst Glaswerk verfertigten oder Glas verwendeten, das nicht von den zünftigen Freiburger Glasern hergestellt worden war. Daraufhin verbot der Rat zwar den Klöstern die Eigenproduktion von Glas, aber Scherer, Bader und andere Zünftige, die bislang Glaswerk hergestellt hätten, sollten dies "nach alter Gewohnheit" auch weiterhin tun können. Die meisten Schröpfköpfe und andere Utensilien dieser Zeit wurden aus Glas gefertigt, und auch die Fenster der Badestuben waren nicht mit Tüchern verhangen, sondern besaßen in Blei gefaßte Glasscheiben. Ein weiteres Privileg der Bader war die Haltung von Eseln in der Stadt; kein anderes Handwerk durfte diese Tiere halten. Esel waren - anders als Pferde - billig in Anschaffung und Unterhalt und sind robuste Arbeitstiere. Sie dienten den Badern vor allem dazu, das nötige Brennholz für ihre Öfen oder auch Wasser herbeizuschaffen.