Das Bad "Zur Büttenen


Das Bad "Zur Büttenen" befand sich in der heute "An der Mehlwaage" genannten kleinen Straße vor dem Martinstor. Die Gebäude selbst wurden schon vor dem 15. Jahrhundert erbaut. Das Bad scheint jedoch eine der "jüngeren" Badestuben Freiburgs zu sein. Den Quellen nach zu urteilen, wurde sie vermutlich erst zwischen der Mitte des 16. und der Mitte des 17. Jahrhunderts eingerichtet.

Vor dieser Zeit jedenfalls sprechen die Urkunden nicht von einem Bad: So verschreibt der Wagner Hans Friedrich am 7. November 1434 dem Gerber Clewi Thüringer zwei Gulden jährlicher Zinsen "von seinem Haus, Hof (etc.) zu Freiburg vor sant Marthins tore in der vorstatt gegen dem paradise genant zu der Büttenen." Ein Vorgang, der sich auch im "Repertorium über das Archiv des Dominikanerkonvents" wiederfindet; allerdings mit dem Zusatz versehen, daß das Haus 1690 ein Bad gewesen sei. Die letzte eindeutige Nachricht aus der hervorgeht, daß das Haus "Zur Büttenen" noch keine Badestube war, stammt vom 14. Mai 1569. An diesem Tag verkauft der Vogt der Kinder des Weißgerbers Hans Paulin das Gebäude an den Weißgerber Michael Laugner für 190 Gulden.

Die Quellenlage zwischen 1569, als das Haus "Zur Büttenen" mit Sicherheit noch kein Bad war und 1666, als zum ersten Mal ein Bader als Besitzer des Hauses erwähnt wird, ist äußerst schlecht. Die im Stadtarchiv Freiburg vorhandene Kartei, in der zu allen Straßen und Hausnummern Regesten von Urkunden oder aus den Fertigungsprotokollen zusammengetragen sind, verzeichnet unter "Blumenstraße 2-4" eine ganze Reihe mit Fragezeichen versehener Karteikarten. Die Kartei selbst wurde von Hermann Flamm im Zusammenhang mit seinen Arbeiten zum Freiburger Häuserbuch angelegt. Die heute "An der Mehlwaage" genannte Straße hieß zu dieser Zeit noch "Blumenstraße". Vor 1666 werden auch im Häuserbuch Hermann Flamms in dem Haus keine Bader erwähnt. Viele der mit Fragezeichen versehenen Regesten deuten darauf hin, daß in ihnen nicht eindeutig von dem Haus "Zur Büttenen" die Rede sein muß. Es könnte sich demnach also auch um Häuser oder Grundstücke handeln, die sich in der Nähe befanden. Somit kann anhand dieser Kartei nicht eindeutig bestimmt werden, ob das Bad "Zur Büttenen" Ende des 16. Jahrhunderts eingerichtet wurde oder erst nach 1665.

Im November dieses Jahres kauft der Bader Hans Georg Stöckheler einen Hausplatz in der Nähe des Hauses "Zur Büttenen". Das Haus selbst muß er jedoch bereits zuvor erworben haben, denn bereits im Mai und August 1666 nimmt er Geld auf und setzt dafür das Haus als Gegenwert ein. Der erhöhte Geldbedarf könnte damit in Zusammenhang stehen, daß Hans Georg Stöckheler zu dieser Zeit auf dem 1665 erworbenen Hausplatz baut. Sicherlich trugen auch mehrere Klagen, der sich seine Frau Anna Maria Müllerin gegenüber sah, zu dem erhöhten Geldbedarf bei: Bereits 1664 wurde sie vom Rat ermahnt, sie solle es künftig unterlassen "wegen der Leibarznei" zu den Leuten zu gehen. Es sei denn, "sie wäre von den Herren der Medici approbieret". Und im Ratsprotokoll vom 11. August 1666 ist eine Klage der Freiburger Wundärzte und Barbiere "wider Hanns Georg Stecklers Weib" vermerkt: Sie treibe "innerliche und äusserliche Curen", was ihr verboten sei. Zudem beschäftige sie einen Feldscherer, was ebenfalls nicht erlaubt sei. Daß dieser Feldscherer jedoch auch noch eigene Gesellen und "Lehrbuben" beschäftige, könne keineswegs geduldet werden. Auch wenn sich das Urteil selbst nicht erhalten hat, ist davon auszugehen, daß die Baderin zumindest zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilt wurde.

Die weitere Geschichte des Bades "Zur Büttenen" erschließt sich nur dann, wenn man die Genealogie der Familie Stöckheler im 17. Jahrhundert zu Rate zieht.

Die Baderfamilien Stöckheler, Amrhein und Schneider im 17. Jahrhundert

Die Stöckhelers waren "die" Baderfamilie Freiburgs im 17. Jahrhundert. Durch Heirat waren sie später auch mit der Baderfamilie der Amrheins verwandtschaftlich verbunden.

Die Geschichte der Baderfamilie Stöckheler beginnt vermutlich in Zürich: 1523 bürgt der Züricher Bader Steffan Stäggeler für die Zinsen seines Neffen Hans Stäggeler, die dieser an das Dominikanerkloster in Freiburg zu zahlen hat. Auf fünf Jahre verpflichtet er sich, für alle Außenstände mit seinem gesamten Hab und Gut zu haften. Der Bader Steffan Stäggeler von Sulgen wurde bereits am 4. Dezember 1495 für zehn Gulden Bürger der Stadt Zürich. Er nahm 1504 an einer Lotterie anlässlich des Freischiessens in Zürich teil, zusammen mit seiner Frau Regula, seinen Kindern Konrad, Jakob und "Agtli", seiner Schwester Margaretha und mit Dorothea Stäggeler, vielleicht einer weiteren Schwester.

Die ersten Nachrichten des 17. Jahrhunderts stammen von 1600. Zu dieser Zeit befindet sich in der ehemaligen Burgstraße Nr. 1, der heutigen Schoferstraße auf dem Gelände der heutigen Konviktskirche und des Collegium Borromäum, eine Ansammlung von 22, später 14 Häusern. In einem dieser Häuser, das "Zur grünen und schwarzen Kette" hieß, lebten um 1600 Leonhard Stockler, ein Rebmann und die Witwe des zünftigen Baders Johann Stockhler. Elf Jahre später findet man seine Witwe, Ursula Backh, ein Haus weiter, das "Zum hinteren Wolfloch" genannt wurde.

Aber nicht diese beiden begründeten den Familienzweig der Stöckhelers, der das Badewesen Freiburgs im 17. Jahrhundert dominierte. Das waren Michael Stöckheler und seine Frau Ottilia Hein, die am 24. November 1603 im Münster heirateten. Aus ihrer Ehe gingen vier Kinder hervor: Johannes (*1605) , Maria (*1607), Johannes Jacob (*1610) und Ottilia Stöckheler (*1612).

Die beiden Söhne erlernten das Baderhandwerk: Johannes, der ältere, war der letzte Bader im Schwabsbad und Johann Jacob wurde zunächst Bader im Predigerbad (bis 1635) und später im Spitalbad (1635-1661). Verfolgt man die Linie des Prediger- und Spitalbaders Johannes Jacob weiter, so trifft man bereits in der nächsten Generation auf Anna Maria Stöckheler, die die Verbindung der Stöckhelers zunächst mit der zweiten wichtigen Bader-Familie, den Amrheins, und durch ihre zweite Ehe auch mit dem Bader Simon Schneider herstellt. Anna Maria war eine Tochter von Johannes Jacob Stöckheler und hatte noch zwei ältere Geschwister: Franziska (*1638) und Johannes (*1641). Sehr jung - noch vor 1661 - heiratete sie den Bader Johannes Ulrich Amrhein, der daraufhin das Spitalbad von ihrem zu diesem Zeitpunkt bereits kranken Vater übernahm. Aus der Ehe gingen die Kinder Johannes Ulrich (*1668) und Michael (*1670) Amrhein hervor, die ebenfalls beide das Baderhandwerk erlernten. 1675 starb Ulrich Amrhein. Wahrscheinlich ein Jahr später - das Trauerjahr war abzuwarten - machte ihr der Feldscherer Leonhard Rueff einen Heiratsantrag und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Aufnahme in die Stadtbürgerschaft. Die Stadt Freiburg stellt sich diesem Ansinnen freundlich gegenüber, forderte ihn jedoch auf, sich zunächst in seine Heimat in "Wirtemberg" zu begeben, um dort die erforderlichen Papiere und Zeugnisse zu besorgen. Diese sollten vor allem den Nachweis darüber erbringen, daß er auch dort bereits dem Handwerkerstand angehörte, frei geboren und kein Leibeigener sei. Erst dann könne er erwarten, von "den Zünftig und Bürgern aufgenommen zue werden". Um ihren guten Willen zu zeigen, gewährte ihm die Stadt das Privileg, ihr großes Siegel an den Brief zu hängen, was ihm Anerkennung und Schutz auf seiner Reise gewähren sollte.

Die Kriterien, auf die der Rat der Stadt sich hierbei bezog, waren bereits 1497 erlassen worden. Danach mußte jeder, der in Freiburg zünftig werden wollte, ein Zeugnis darüber vorlegen, daß er ehelich geboren war. Tat er das nicht, dann sollte man ihn für unehelich halten, was ihn von allen Ämtern der Zunft und Stadt ausschloß. Zudem mußte der Neueintretende beweisen, daß er ehrbar von seinem früheren Ort geschieden war. Zur Zeit des Leonhard Rueffs wurden diese Kriterien jedoch bereits auch zu wirtschaftsprotektionistischen Maßnahmen genutzt, um das ortsansässige Handwerk vor unliebsamer Konkurrenz zu schützen.

Die Ehe des Feldscherers Leonhard Rueff mit Anna Maria Stöckheler kam nicht zustande: Vielleicht wollte Anna Maria nicht so lange warten, schließlich hatte sie zwei Kinder zu ernähren und den Badebetrieb im Spitalbad aufrecht zu erhalten. So heiratete sie zwischen 1677 und 1678 den Bader Simon Schneider, der aus Brilingen in Schwaben stammte und seine Papiere bereits alle zusammen hatte. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor: Anna Katharina (*1678) und Joseph Schneider (*1682). Simon Schneider selbst starb 1687. Vier Jahre nach seinem Tod verlangten ihre Kinder aus erster Ehe, Johannes Ulrich und Johannes Michael Amrhein, eine Erbschaftsregelung bezüglich des Spitalbads und des Bades "Zur Büttenen", das Anna Maria Stöckheler zu einem in den Akten nicht genannten Zeitpunkt, erworben hatte. Wahrscheinlich geschah der Kauf kurz nach dem Tod ihres Vetters Johann Georg Stöckheler, dessen Witwe das Bad zunächst an den Zimmermann Nikolaus Mayer verkauft hatte, denn beide bezahlten 1685 den Herrschaftszins gemeinsam.

In der Erbschaftsregelung mit ihren beiden Söhnen verleiht Anna Maria das Spitalbad ihrem ältesten Sohn Hans Ulrich zunächst auf drei Jahre und verkauft ihm das Bad "Zur Büttenen" zum Jahr 1693. Gegen diese Regelung, die das gesamte Erbe aufteilte, legte ihre Tochter aus zweiter Ehe, Katharina Schneiderin, Beschwerde ein: Sie sah sich nicht berücksichtigt, weil in der Regelung auch der ihr zustehende Erbschaftsteil an ihre Stiefbrüder verteilt worden war. Die Ehe mit Simon Schneider sei jedoch eine Zuwachsgemeinschaft gewesen, an der sie erbberechtigt sei. Sie nennt die Summe von 406 Gulden, von der ihr zwei Drittel zuständen, die sie noch zu bekommen habe. Man einigt sich schließlich darauf, daß sie 200 Gulden sofort "parr" erhalten solle und weitere 50 Gulden aus dem Erbe ihrer Mutter nach deren Ableben. Ihr Bruder Joseph taucht in dieser Regelung nicht auf, was dafür spricht, daß er bereits als Kind verstarb.

Johannes Ulrich Amrhein heiratete etwa zur gleichen Zeit Sophia Eberhart, was mit Sicherheit der Anlaß für den erwähnten Vergleich war. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor: Anna Katharina (*1691), Maria Anna (*1692), Johannes Jacob (*1695), Johann Georg (*1697), Franz Anton (*1699) und Ignaz Michael (*nach 1700). Von den Söhnen wird Johann Georg Bader im Bad "Zur Büttenen", das er nach dem Tod seines Vaters (1703) erbt. Sein Enkel Ignaz Michael (ein Sohn von Ignaz) wird noch zwischen 1773 und 1803 als Chirurg, Wundarzt und geschworener Totenbeschauer in Freiburg tätig sein.

Johannes Michael Amrhein ehelichte etwas später Katharina Schliessin und hatte mit ihr fünf Kinder: Johannes, Phillip, Maria Anna, Katharina und Franz Xaver. Über Franz Xaver ist bekannt, daß er 1697 geboren wurde und mit Magdalena Haurin verheiratet war, jedoch bereits vor 1729 verstarb, da in der Aufteilung des Erbes von Johannes Michael Amrhein nur seine Witwe erwähnt wird. Johannes Michael Amrhein kaufte das Spitalbad 1696 von seiner Mutter Anna Maria Stöckheler/Schneider. Nach seinem Tod erhielt es sein Sohn Johannes Amrhein.

Johannes Georg Stökheler, von dem Anna Maria um 1685 das Bad "Zur Büttenen" gekauft hatte, war ein Sohn von Johannes Stöckheler. Dieser hatte 1627 Anna Maria Breinler geheiratet. Neben Johannes Georg hatten sie noch vier weitere Kinder: Johannes (*1628), Anna Margareta (*1630), Johannes Konrad (*1637) und Johannes Ludwig (*1641). Johannes Georg müssen seine Geschwister übel mitgespielt haben, denn in seinem Testament von 1672, enterbt er sie allesamt! Dafür setzt er seine Frau Anna Maria Müllerin als Alleinerbin ein. Kinder hatten sie keine. Nach ihrer beider Tod sollte das Münster seine Reben und seinen Wald erhalten und dafür jährlich eine Gedenkmesse lesen. Interessant ist, daß das Testament im Paradiesbad angefertigt wurde, das in diesem Zusammenhang "Wohnbehausung" genannt wird - ein weiteres deutliches Zeichen dafür, daß es zu dieser Zeit nicht mehr als Bad diente.

Sein Bruder Johannes wurde Bader im neu aufgebauten Predigerbad in der Predigervorstadt. Er heiratete 1653 Ursula Backh. Vier Kinder gingen aus dieser Ehe hervor: Katharina (*1654), Franziska (*1655), Johannes (*1662) und Maria Magdalena (*1665). Im Taufbuch wird er ab 1662 auch mit dem Zusatz "Bader vom Predigerbad" und "Bader in der Predigervorstadt" bezeichnet.

Aus dieser Familienrekonstruktion wird deutlich, daß das Freiburger Badewesen im 17. Jahrhundert von nicht mehr als drei Familien dominiert wurde. Für das Bad "Zur Büttenen" bedeutet dies zusammengefaßt: Um 1685 geht es in den Besitz von Anna Maria Stöckheler über, die es um 1693 ihrem Sohn Johannes Ulrich verkauft. Nach dessen Tod, 1703, geht das Bad auf dessen Sohn Johann Georg Amrhein über. Danach verlieren sich die Nachrichten wieder. Erst 1775 wird wieder ein Besitzer genannt: Es ist der Bader Michael Lutz, weshalb davon auszugehen ist, daß das Gebäude auch zu dieser Zeit noch als Badestube diente. Mit Sicherheit wurde das Haus jedoch erst 1793 nicht mehr als Bad genutzt, nachdem die Witwe von Michael Lutz es an den Wagner Johann Renck verkauft hatte.

Neben dem Bad "Zur Büttenen" befand sich im 17. Jahrhundert noch das Spitalbad, das Predigerbad, und das Schwabsbad im Besitz dieser Familien.

Diese grobe Familienrekonstruktion zeigt jedoch darüber hinaus zweierlei: Zum einen, daß sich das Badewesen Freiburgs im 17. Jahrhundert immer noch einiger Beliebtheit erfreute, was es der Familie ermöglichte, das Geld für ihre jeweiligen Hauskäufe zu erwirtschaften. Gleichzeitig wird auch deutlich, daß der Niedergang des Badewesens zu dieser Zeit bereits deutlich an Fahrt gewann: Die Konzentration des Baderhandwerks nach dem Dreißigjährigen Krieg weist auch darauf hin, daß für andere Bader alter Prägung kein Platz mehr war. Im 18. Jahrhundert änderten sich die Berufsmöglichkeiten grundlegend, als Mitglieder der Familie ihre Einstellung zum Baderhandwerk entsprechend der Anforderungen der aufklärerischen Reformen änderten und sich den neuen Gegebenheiten anpaßten. Hier wird eine Handwerkerfamilie sichtbar, die sich nicht stur an die alten Traditionen klammerte, sondern aus den Traditionen heraus die neuen Möglichkeiten sah und wahrnahm. Die Familie konnte sich ihre Position nur sichern, indem sie ihre Mittel konzentrierte - über alle internen Familienstreitigkeiten hinweg. Die Verbindung der Stöckhelers mit den Amrheins im 17. Jahrhundert war der einzige gangbare Weg für beide Familien, das Baderhandwerk für sich zu sichern. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein können Mitglieder der Familie Amrhein im Freiburger Gesundheitswesen nachgewiesen werden.