Rote Frauen- / Männerbadestube


Bis in die jüngste Zeit wurden die Rote Männer- und Frauenbadestube mit dem Schwabsbad am Schwabentor gleichgesetzt. So schrieb Karl Baas 1905: "Städtische, dem Spital gehörige und private Badstuben waren daselbst: zu oberst scheint das 'Schwabsbad' gelegen zu haben, sowie die 'rote Männer-' und die 'rote Frauen'-Badstube." Und an einer anderen Stelle: "vor dem Ledergerbertor war die dem Spital gehörige 'rothe Männer-' und 'rothe Frauen-Badstube', in deren Nähe das 'Schwabsbad' lag, sofern dies nicht bloß eine andere Bezeichnung für jene war." Auch Ernst Theodor Nauck vermutete 1965 noch, daß das Schwabsbad mit den "Roten Badestuben" identisch sei und verlegte beide an das Schwabentor.

Auf dem "Großen Sickingerplan", der zweifelsohne den genannten Autoren als Vorlage für ihre Ortsbestimmung gedient hat, ist das Ledergerbertor mit der (schwer lesbaren) Nummer 49 (6) versehen. Es ist das erste Tor das, der Stadtmauer vom Schwabentor aus nach Süden folgend, wie eine große Toreinfahrt aussieht und neben dem in ost-westlicher Richtung zwei Bachläufe die Stadt betreten. So gesehen stimmt die Annahme der zwei Autoren. Tatsächlich jedoch, und das arbeitete Monika Porsche heraus, hieß dieses Tor im 14. Jahrhundert noch "Klötzlinstor". Der zu dieser Zeit als "Gerbertor" bezeichnete Stadtzugang befand sich im sogenannten "Reuerinnenwinkel", also beim Kloster Maria Magdalena der Reuerinnen (auf dem großen Sickingerplan die Nr. 15), wie es aus einer Wachordnung von 1443 hervorgeht. Dort heißt es: "Item von den Rewern untz zu Munchtor, die Gerwer in der Newburg und in der alt(en) Statt." Und: "Item die teütschen Hern von dem Munchtor untz an der Gerwer Tor". Das Mönchstor trägt auf dem großen Sickingerplan die Nr. 38 und stand auf der Kreuzung Habsburger-/Hermann-Herder- und Johanniterstraße. Die Deutschherren sind auf dem Plan nicht verzeichnet. Ihr Kloster stand etwa an der Stelle des heutigen St. Josefs-Krankenhauses. Zu der Zeit um 1589, als der Sickingerplan entstand, befand sich kein Tor mehr an der Stelle des ehemaligen Gerbertors. Es ist anzunehmen, daß es zugemauert wurde, um die strategisch ohnehin nicht sonderlich günstige Situation in diesem Teil der Stadtmauer zu verbessern. Ein weiteres Argument für diese Annahme bieten die seit 1379 erhaltenen "Torschlüsselverzeichnisse". Darin werden das Gerber- und Klötzlinstor direkt hintereinander aufgeführt. Der Name Gerbertor muß sich also zu dieser Zeit auf ein anderes Tor beziehen als jenes beim Schwabentor. Erst im Spätmittelalter wird der Name Gerbertor auf das Tor neben dem Schwabentor übertragen und weist dann auf den Zugang zur Gerberau mit ihren Gerbereien hin. Somit ist bewiesen, daß sich die Rote Männer- und Frauenbadestube in der Nähe des Predigertores und des Klosters der Reuerinnen befanden und nicht am Schwabentor. Auch die nachfolgend vorgestellten Urkunden belegen diesen Sachverhalt.

Die Rote Männer- und Frauenbadestube wird als erste in den bislang bekanntgewordenen Quellen erwähnt. Das zwischen 1300 und 1304 erstellte Urbar des Klosters Maria Verkündigung in Adelhausen berichtet: "Ein badstube lit vor der ledergerwer tor, heiset dù rot badstube. Davon git man her C. Kotzen 2 lb. Daz git Hermans kint dez baderz. und Spital."

Der in diesem Eintrag als verstorben erwähnte "Hermann der Bader", ist somit der erste namentlich bekannte Bader Freiburgs und hat bereits im 13. Jahrhundert gelebt. Auch die Badestube selbst wurde demnach schon vor 1300 eingerichtet. Das Freiburger Patriziergeschlecht der Kotz/Kozze unterhielt um 1300 engere Beziehungen zum Kloster Adelhausen. Der früheste bezeugte Name ist Albertus Chozzo, der bereits 1220 als Freiburger Bürger erwähnt wird. Konrad Kotz wurde zwischen 1248 und 1252 als "miles", also Ritter, bezeichnet. 1256 war er Konsul im Freiburger Rat.

Wird im Eintrag des Urbars noch von einer Badestube gesprochen, so erwähnt eine Urkunde vom 6. Juli 1317 bereits zwei unterschiedliche Einrichtungen: "Elsebete, Tochter Hermannes des Baders sel., welche eine Gülte von 3 Pfd. Pfen. hat von den zwei Badstuben genannt 'die rotun manne badestubun und frowen badstubun', crediert aus dieser Gülte eine Rente von 30 Schillingen wohlthatsweise an den heilig Geist Spital, behält sich jedoch in Form eines Leibgedings die Nutzniessung davon gegen einen Zins von 1 Pfen. vor." Elsbeth ist demnach die Tochter Hermanns des Baders, die bereits im obigen Urbar um 1300 als "Kind" Hermanns des Baders erwähnt worden war. Es ist anzunehmen, daß sie zu diesem Zeitpunkt sowohl die Männer- wie auch die davon getrennte Frauenbadestube betreibt. Die eigentlichen Besitzverhältnisse bleiben jedoch im Dunkeln: So heißt es in der "Adelhauser Urbare" von 1327: "Ein Batstube lit vor der ledergarwer tor, heisset du Rote Bathstube und lit hinder der muli. Davon git der Spital 2 lb als vil E. Davon git des H(outers) frow 18 d." Das Kloster in Adelhausen hatte also zu dieser Zeit noch Rechte an dieser Badestube, wenn auch das Heiliggeistspital seinen Besitz daran erweitern konnte. Die erwähnten Houter entstammten der neuen zünftigen Oberschicht Freiburgs. Die erwähnte "Huoterin" ist wahrscheinlich die Frau des Wernher Huoter, einem Krämer, der 1339 verstarb. Ansonsten werden die Huoters im Zusammenhang mit dem Badewesen nicht genannt.

Längere Zeit erfährt man nun nichts mehr über die Besitzverhältnisse und die Bader in den beiden Badestuben. Erst aus dem Jahre 1360 liegt ein erster ausführlicher Vertrag vor, der zeigt, daß das Heiliggeistspital mittlerweile beide Badestuben in seinen Besitz gebracht hatte. Am 14. August 1360 verleihen Hentzmann von. Muntzingen, der Meister und die Pfleger des Heiliggeistspitals zu Freiburg die Rote Frauenbadestube vor dem Ledergerbertor an den Bader Konrad Ebnoter. Der Zins beträgt vier Schillinge in der Woche. Der Bader verpflichtet sich, das Bad in einem guten Zustand zu erhalten. Die Erhaltung des Bestandes läßt sich das Spital auch etwas kosten: Der Pächter soll im Bedarfsfall Tannenbäume erhalten, mit denen er eine Brücke über den Bach bauen kann, dazu noch einen Karren und einen Knecht, wenn er Steine befördern muß, um seinen Ofen neu zu bauen oder wenn er Laub wegzufahren hat. Wenn das Ledergerbertor vier Tage hintereinander geschlossen sein sollte, so entfällt der Pachtzins und muß erst von dem Tage an wieder bezahlt werden, an dem es wieder offen ist. Läßt der Bader einen Mann in der Frauenbadestube baden, so soll er die Einnahme demjenigen geben, der die Männerbadestube gepachtet hat - ein sittengeschichtlich interessanter Passus. Offensichtlich kam es zu dieser Zeit häufiger vor, daß sich Männer lieber in der Frauen- als in der Männerbadestube baden ließen. Nur so läßt sich jedenfalls die Aufnahme dieser Bestimmung in den Pachtvertrag erklären. Leider hat sich kein Vertrag über die Männerbadestube erhalten, so daß nicht gesagt werden kann, ob in der Männerbadestube auch Frauen badeten.

Der Vertrag mit Konrad Ebnoter - über den ansonsten nichts in Erfahrung zu bringen war - bildete die Basis für alle nachfolgenden Verträge, mit denen das Spital in den darauffolgenden Jahrzehnten die Rote Frauenbadestube verpachtete.

In diesem Vertrag werden mehrere Bereiche angesprochen, die einer Interpretation zugänglich erscheinen. Grob läßt sich die Urkunde in zwei Teile einteilen: Pflichten des Pächters und Investitionen des Eigners. Die Pflicht des Pächters besteht wie in jedem mittelalterlichen Erblehensvertrag im Erhalt des Bestandes. Der Eigentümer verpflichtet sich jedoch, die Bemühungen des Pächters in Form von Dienstleistungen und Material zu unterstützen, ja zu bestimmten Zeiten auch eine materielle Einbuße vertraglich zuzugestehen. All das deutet stark darauf hin, daß das Spital daran interessiert ist, aus einer vielleicht verkommenen Einrichtung wieder etwas zu machen. Badestuben haben im 14. Jahrhundert keinen Mangel an Kundschaft, wie die Verkaufspreise zeigen. Das Spital investiert also in die Zukunft seiner nunmehr eigenen Einrichtung. Der Umstand, daß die Frauen- und Männerbadestube von zwei unterschiedlichen Pächtern betrieben wurden, ist insofern von Interesse, als sich bislang nur Urkunden gefunden haben, welche die Verhältnisse in der Roten Frauenbadestube zum Gegenstand haben. Bis 1360 läßt sich festhalten, daß ausgehend von Henni Bader eine Familie existierte, die zu Beginn des 14. Jahrhunderts eng mit der Roten Frauenbadestube verbunden war. Die Tochter Elisabeth muß 1317 bereits geschäftsfähig gewesen sein, weil der Gültenvertrag ansonsten von ihrem Vogt abgeschlossen worden wäre. Aus zwei Urkunden geht hervor, daß sich die Trennung von Männer- und Frauenbadestube gegen Ende des 14. Jahrhunderts langsam auflöste. 1373 wird in einer Urkunde als Ortsbeschreibung schon nur noch "under der Roten Badstuben" gesprochen. Und auch im nächsten bekannten Vertrag vom 7. Juli 1383 zwischen dem Heiliggeistspital und Katharine, der Witwe Henni Baders, wird nur noch von der Roten Badestube, "da die frowen inne badent" gesprochen. Die Lage des Bades wird hier eindeutig als in der Nähe des Spitalshofes angegeben - auf dem Großen Sickingerplan mit der schwer lesbaren Nummer 46 versehen. Aus biologischen Gründen kann es sich bei der hier erwähnten Katharina kaum um die Witwe jenes Henni Baders handeln, der 1300 bereits verstorben war. Es muß also einen weiteren Bader dieses Namens gegeben haben. Kurz zuvor hatte Katharina, die in den Urkunden auch "Thine" genannt wird, Ederlins Männerbadestuben gepachtet. Zwei Jahre später wird Frau Katherine auch im "Gewerftbuch" (Grundsteuerbuch) von 1385 als Steuerzahlerin erwähnt. Neben ihr arbeiten zu dieser Zeit ein "ein scherer heisset Mathis" und "Franz Most in der Frovenbatstuben". Beide sind in den Quellen ansonsten nicht aufgetreten. Wiederum zwei Jahre später, am 4. Juni 1387, wandelt Frau Katherine den bisherigen Vertrag in eine Leibrente um: Dazu löst sie die noch fälligen Zinsen aus und erhält die Badestube als Leibrente "mit der Verbindlichkeit, diese in gutem baulichem Zustand zu erhalten. Auch soll sie, wenn etwa das Gerberthor oder die anderen Stadtthore auf kurze oder längere Zeit geschlossen würden, keinen Regressanspruch an das Heiliggeist.-Spital haben. Wenn nach ihrem Tode ihre Erben das Badlehen übernehmen sollten, so soll wieder wie früher eine wöchentliche Pacht von 4 Schill. Pfen. entrichtet werden." In diesem Vertrag tauchen nun Teile des Vertrags mit Konrad Ebnoter von 1360 wörtlich wieder auf. Allerdings besteht ein wesentlicher Unterschied: Bleiben die Stadttore geschlossen, so zahlt sie ihre Pacht unabhängig von der Dauer dieser Maßnahme weiter!

Nach Katharinas Tod übernimmt ihre Schwester Elisabeth Ederlins Badestuben, worüber sich jedoch keine Urkunde erhalten hat. Die folgende Urkunde vom 20. Juli 1395 hat jedoch bereits zur damaligen Zeit für Verwirrung gesorgt, so daß sie hier ausführlich aus den editierten Heiliggeistspitalsurkunden zitiert werden soll: "Paulus von Riehen der Schultheiss sass zu Gericht und thut kund, dass Ritter Bart (Bartholomäus) von Munzingen als oberster Pfleger des Spitals zu Freiburg der Elsz Baderin in Ederlins Badstuben die Frauen-Badstube vor dem Ledergerberthor, genannt die Rot Badstub, gegen eine Abgabe von 4 Schillingen Pfennigen wöchentlich unter folgenden Begünstigungen zu Erblehen verliehen hat: der Spital gewährt ihr im Bedarfsfalle Tannenbäume zu einer Brücke über den Bach; für den Fall, dass sie einen neuen Ofen in der Badstube bauen will, einen Karren mit Ross und Knecht zum Laub heuen. Wenn die Stadtthore länger als vier Tage hinter einander geschlossen sein sollten, so hat sie für diese Zeit keinen Zins zu entrichten. Hingegen ist sie verpflichtet, die Badstube in ehrbarem baulichem Zustande zu unterhalten. Sollte es aber vorkommen, dass sie einen Mann badete in der Frauenbadstube, so soll sie das Geld dem abliefern, der die Männerbadstube gepachtet hat." Interessant ist hier nun, daß bei der Schließung der Stadttore wiederum kein Zins zu entrichten ist. Diese Urkunde hat noch Autoren des 20. Jahrhunderts zu der Annahme verleitet, Ederlins Badestuben und die Roten Badestuben seien identisch. Der Ausdruck "der Elsz Baderin in Ederlins Badstuben die Frauen-Badstube vor dem Ledergerberthor, genannt die Rot Badstub" ist mißverständlich. In dieser Formulierung würde es eher einer Gleichsetzung beider Badestuben bedeuten (was in diesem Falle einer Namensänderung gleichkäme) oder sich, nach heutiger Schreibweise, um zwei vergessene Kommata handeln: Das Spital verleiht "Elz, Baderin in Ederlins Badestuben, die Frauenbadestube vor dem Ledergerberthor, genannt die Rot-Badstub". Damit wäre Elisabeth bereits Baderin in Ederlins Badestuben und nimmt die Rote Badestube noch mit hinzu. Für diese Version sprechen mehrere Gründe: Zum einen hat es den Anschein, als hätte man es sehr eilig gehabt, da es sich bei dem Vertragstext in seinen wesentlichsten Teilen um den gleichen Text handelt, den auch Konrad Ebnoter 35 Jahre zuvor vorgelegt bekam. Dafür spricht, daß die Pächterin nun wiederum keinen Zins zu entrichten hatte, wenn die Stadttore geschlossen wurden, was ja in der Zwischenzeit, als Katharina die Badestube führte, aus dem ursprünglichen Vertrag gestrichen worden war. Zudem wird in dieser Urkunde die Männerbadestube nach 35 Jahren zum ersten Mal überhaupt wieder erwähnt, obwohl diese zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestanden hat. Leider fehlen für diese Zeit aussagefähige Steuerlisten, so daß dieses Problem bislang nicht endgültig gelöst werden konnte. Die Übernahme der Roten Frauenbadestube durch Elisabeth, entspricht letztlich jedoch nur dem Antritt des Erbes ihrer Schwester Katharina in der Roten Frauenbadestube.

Dennoch waren sich bereits die Schreiber offensichtlich nicht so recht im klaren über die richtige Interpunktion dieser Urkunde. Zu Beginn des nächsten Jahres ist das Mißverständnis jedenfalls geschehen. Am 27. Februar 1396 wird eine Urkunde folgenden Wortlauts verfaßt: "Barte von Muntzingen, Ritter, Aberlin Turner und Clewin Bredier, alle drei als Pfleger des Spitals der armen Leute, thun kund, dass Heni Schalstat, Bürger zu Freiburg, vom heilig Geist Spital ein Leibgeding von 10 Pfund. 8 Schillingen für sich zu seinen Lebzeiten und 3 Pfund Pfennige für seine Kellerin Nes Scherer nach seinem Ableben für 104 Pfund Pfeningen baar gekauft hat. Der Spital versichert dieses Leibgeding auf den Pachtschilling, den Frau Elisabeth Bader ab Herrn Aederlins Badstuben, genannt die Rothe Badstube, zu zahlen hat. Außerdem stellen sich Ritter Barte und Clewi Bredyer als Bürgen und geloben für den Fall, dass das Leibgeding nicht ausgerichtet würde, Geiselschaft mit eigener Person oder mit einem Knecht und einem Pferd in einem öffentlichen Wirthshaus zu Freiburg." Damit werden zwei unterschiedliche Badestuben im Handstreich zu einer gemacht. Daß dies nicht der Realität entspricht, wird das Kapitel über Ederlins Badestuben zeigen.